Gastbeitrag von Ursula Mogg, MdB und Dr. Hans-Peter Bartels, MdB in der Zeitschrift "Strategie & Technik" (Februar 2009)

Europa ist Deutschlands Zukunft, auch was die souveränen Kernfragen der Verteidigung und Sicherheit angeht. Europa ist ein Imperativ. Niemand kann mehr plausibel erklären, weshalb jeder EU-Mitgliedstaat außenpolitisch auf sich allein gestellt bleiben soll, während in Fragen der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik oder bei Forschung und Entwicklung längst eine Koordinierung und Vereinheitlichung stattfindet.

Im Bereich der Rüstung sind die Vorteile eines gemeinsamen Vorgehens augenfällig. Eine koordinierte Planung und Beschaffung entlastet nicht nur die nationalen Verteidigungshaushalte, sondern steigert auch die militärische Leistungsfähigkeit. Die Armeen der EU-Staaten müssen nicht mehr alles allein können und alles selbst besitzen. Vor diesem Hintergrunde hat der Rat der Europäischen Union die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) ins Leben gerufen. Sie soll die Rüstungsaktivitäten der Mitgliedstaaten koordinieren und gemeinsame Beschaffungsprogramme ermöglichen. Außerdem soll sie europäische Rüstungsforschung finanzieren.

Noch steckt die EDA in den Kinderschuhen, große Projekte: Fehlanzeige. Ein wichtiges Thema für die nächsten 10 bis 15 Jahre könnte der Aus- beziehungsweise Aufbau der militärischen Transportfähigkeiten in Europa werden, ohne den die Gemeinschaft die an sie gerichteten Erwartungen bei internationalen Kriseneinsätzen nicht erfüllen kann. Der Mangel an Transportkapazität wird nicht nur bei NATO-Einsätzen wie in Afghanistan offenbar, er führte auch dazu, dass sich die humanitäre Mission der EU im Tschad um Monate verzögerte.

Die EDA soll hier eine Leitfunktion übernehmen. Bis 2014 wollen die EU-Staaten eine gemeinsame Flotte für den Lufttransport aufbauen. So haben es die Verteidigungsminister Anfang November beschlossen. Zwölf EU-Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, werden sich an dem Projekt beteiligen. Die Flugzeuge sollen in einen gemeinsamen Pool eingestellt werden, den die EDA verwaltet. Die geplante Flotte soll vor allem aus Maschinen des Typs Airbus 400 M bestehen. Die EU-Staaten können über den Pool Flugstunden austauschen sowie gemeinsame Standards bei Wartung und Ausbildung entwickeln. Der Beschluss der Verteidigungsminister ist nicht zuletzt ist auch ein Signal an EADS und das Herstellerkonsortium, die Auslieferung des A 400 M nicht weiter zu verzögern.

Ein erstes großes eigenes Entwicklungsprojekt für die EDA könnte ein europäisches Programm für einen schweren Transporthubschrauber sein. Ab 2020 müssen die mittlerweile in die Jahre gekommenen amerikanischen CH 53 und CH 47 ersetzt werden. Die Bundeswehr betreibt zur Zeit 80 CH 53. Deutschland und Frankreich haben kürzlich angekündigt, ihr Vorhaben zur Entwicklung eines gemeinsamen schweren Transporthubschraubers für andere EU-Staaten zu öffnen. Dieses für die europäischen Streitkräfte so wichtige Modernisierungsprojekt könnte zu einem Testlauf für andere Verteidigungsprojekte werden. Hier sollte die EDA zum Zuge kommen!

Ein erster Schritt in diese richtige Richtung ist vielleicht das von der EDA angekündigte Helikopter-Trainingsprogramm. Die Agentur erhofft sich vom gemeinsamen Training, dass Maschinen frei werden und sich damit die Hubschrauber-Kapazitäten der EU kurzfristig verbessern. Langfristig werden wir aber nicht um die Entwicklung des europäischen schweren Transporthubschraubers herum kommen.

Wenn Europa den sicherheitspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht werden will, müssen die EU-Staaten mehr gemeinsame Schritte bei der Ausstattung ihrer Armeen gehen. Einen wichtigen Impuls gibt hier auch der EDA-Entwurf für einen „Capabilty Development Plan“. Er gibt Hinweise zur europäischen und nationalen Fähigkeitsplanung, muss allerdings noch enger mit der NATO-Verteidigungsplanung abgestimmt werden.

Für uns Sozialdemokraten kann das Ziel all dieser Bemühungen am Ende nur eine gemeinsame europäische Armee sein. Sie wäre die konsequente Antwort auf die wachsende Bedeutung der Europäischen Union als internationaler Akteur. Und sie wäre nach Jahrhunderten, in denen  sich die nationalen Armeen Europas bitter bekriegten, ein unumkehrbarer Schritt hin zur europäischen Gemeinsamkeit in der globalisierten Welt.