Eröffnungsrede von Hans-Peter Bartels zum Demokratieworkshop der SPD-Bundestagfraktion am 10. Dezember 2012 im Fraktionssaal der SPD-Bundestagsfraktion

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Genossinnen und Genossen,

ich freue mich, Sie hier im Fraktionssaal der SPD zu unserem Workshop „Auf dem Weg zum Volksentscheid“ begrüßen zu können. Dies ist heute der Tag 1 der Kampagne für eine neue Mehrheit in Deutschland. Seit gestern gibt es gewissermaßen offiziell die personelle Alternative zur Regierung Merkel. Das ist Peer Steinbrück.

Über eine unserer programmatischen Alternative wollen wir heute sprechen: Das ist die Ergänzung unseres Grundgesetzes um direkte Abstimmungen des Volkes zu politischen Sachfragen. Hier besteht zwischen CDU und CSU auf der einen Seite und SPD und Grünen auf der anderen ein fundamentaler Dissens: Wir wollen die politische Lücke in der bundesstaatlichen Verfassung schließen. Die Union lehnt das bisher noch ab.

2002 hatte die rot-grüne Koalition bereits einen Gesetzentwurf zur Einführung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid in den Bundestag eingebracht. Die notwendige Zweidrittel-Mehrheit scheiterte damals an der Ablehnung von CDU und CSU. Jetzt, zehn Jahre später, machen wir einen neuen Anlauf. Und ich glaube, die Ablehnungsfront auf der anderen Seite bröckelt. Europafragen, Legitimationsfragen des Nationalstaates und Verfassungsfragen werden auch in der konservativen Welt heute etwas anders diskutiert:

  • Fast alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union kennen die eine oder andere Form der direkten Volksabstimmung.
  • Neu ist die Möglichkeit eines EU-Volksbegehrens, also für die gesamte EU.
  • In unseren deutschen Bundesländern gilt längst das Nebeneinander von repräsentativer Demokratie und direktdemokratischem Korrektiv. In allen 16 Ländern.
  • Und auf kommunaler Ebene gilt das ebenfalls flächendeckend, und hat sich auch ganz unspektakulär bewährt.

Deshalb geht es heute nicht mehr um das „Ob“ von direkter Demokratie auf der bundesstaatlichen Ebene, sondern um das „Wie“.
Dafür will die SPD-Bundestagsfraktion mit wissenschaftlicher Hilfe noch in dieser Wahlperiode einen eigenen Entwurf zur Änderung des Grundgesetzes und erstmals auch ein Durchführungsgesetz vorlegen. Es wird also ganz konkret. Daran werden andere sich messen lassen müssen.

Das „Wie“ ist nicht banal.

  • Welche Gegenstände können zur Abstimmung gestellt werden?
  • Welche Quoren sollen gelten?
  • Soll es Referenden, also etwa Volksabstimmungen auf Beschluss des Parlaments, geben können?
  • Vielleicht auch obligatorische Referenden?
  • Soll es einen Anhörungs- und Verhandlungsmechanismus zwischen Volksinitiativen und Parlament geben?
  • Wie werden Information, Transparenz und Kostenerstattung geregelt?

Das alles sind Themen unseres Workshops heute. (…) Ich wünsche uns einen richtungsweisenden Nachmittag.